Auf Sand gebaut? Die Problematik der wachsenden Cannabis-Branche
Die öffentliche Anhörung der FDA sollte eigentlich Klarheit schaffen – stattdessen wurden die chaotischen Strukturen der Cannabis-Branche deutlich. Angesichts der starken Expansion des Marktes brauche es nun wissenschaftlich fundierte Regulierungen, verkündeten Sprecher der FDA. Wie diese Regulierungen des Marktes aussehen könnten und wann sie formuliert werden, blieb weiterhin offen. Die unsteten Ergebnisse der Anhörung zwischen FDA, Cannabis-Produzenten, Vereinen von Befürwortern und Gegnern sowie Medizinern schlug sich außerdem merklich an der Wall Street nieder: Die Aktienkurse von führenden Unternehmen wie Canopy Growth, Tilray und Aphria sanken nach der ergebnislosen Anhörung um bis zu 5,5 Prozent.
Cannabidiol (CBD) – Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel?
Eine große rechtliche Leerstelle, die in der 10-stündigen Sitzung diskutiert wurde, bezog sich auf CBD-haltige Nahrungsmittel und kosmetische Produkte. Cannabidiol (CBD) ist ein Cannabinoid ohne psychoaktive Wirkung – in den USA und auch in Deutschland wird der Stoff als Wundermittel beworben, da er nachweislich antiepileptisch und antipsychotisch wirkt. Auch hormonell bedingte Hauterkrankungen und Tumore werden in der Medizin mit hochdosiertem CBD behandelt. Aufgrund seiner starken antioxidativen Wirkung soll Cannabidiol wirksam Krankheiten vorbeugen und die Entschlackung des Körpers unterstützen. Sollten gesunde Menschen den Stoff deshalb in großen Mengen zu sich nehmen? Die FDA sprach sich auf der Anhörung im Juni klar dafür aus, jegliche Zugabe von Medikamenten in Lebensmitteln zu verbieten, mit dem Verweis, dass konzentriertes CBD als Medikament geführt werden sollte. In Deutschland ist konzentriertes CBD-Öl aktuell in jeder gut sortierten Apotheke erhältlich und wird als rezeptfreies Arzneimittel verkauft.
Entscheidungen stehen weiter aus
Welche Gesetzesentwürfe und Verbote die FDA konkret ins Auge fasst und was das für die Cannabis-Branche bedeutet, bleibt also reine Spekulation. Die starken Reaktionen des Aktienmarktes nach der chaotischen Anhörung machen deutlich, unter welchem Druck die Agency bei der Vorlage von zuverlässigen Entwürfen steht. Was fehlt, sind wissenschaftliche Belege und Expertenwissen zur Wirkung verschiedener Cannabisprodukte. Kommentatoren wie HIA-Geschäftsführer Keahey Lanier stellten nach der Anhörung fest, dass viele der Sprecher nicht einmal den Unterschied zwischen CBD und THC zu kennen schienen und Argumente mit unfundiertem Halbwissen untermauerten. Bis zur transparenten Regulation des Marktes ist es also noch ein langer Weg – bis dahin erfreuen sich die Amerikaner an der breiten und uneingeschränkten Produktpalette der einfallsreichen Hersteller.